Behinderung und Sex schließen sich nicht gegenseitig aus

Ein aktueller Artikel in der englischen Zeitung „the guardian“ befasst sich mit der Thematik Sex und Behinderung aus der Sicht einer jungen Frau mit Cerebralparese, Emily Yates. Sie beschreibt zuerst, wie die Paralympics die Wahrnehmung von Sport und Behinderung zum Positiven verändert haben. Es ist nun nicht mehr allzu ungewöhnlich, herausragende Sportler vor gefüllten Hallen Medaillen gewinnen zu sehen, wobei die Sportler nur wie zufällig Prothesen tragen, im Rollstuhl sitzen, sehbehindert sind und ähnliches.

Was aber wäre, wenn es um Sex und Behinderung geht? Ist da die Bildung und die Wahrnehmung ähnlich?

Inklusive und barrierefreie Sexualerziehung gab es bis vor einiger Zeit nicht. Es ist bekannt, dass Frauen mit Behinderung dreimal so häufig sexuell missbraucht werden wie nichtbehinderte Frauen. Die bestehenden Angebote zur Sexualerziehung sind häufig nicht für Menschen mit Behinderung ausgelegt. Es gibt – wenn Überhaupt – wenige Videos mit Untertitel oder Audiodeskription, die Informationen sind häufig nicht leicht zu lesen oder zu verstehen, und die gezeigten Körper haben niemals offensichtliche Einschränkungen oder Behinderungen, was Menschen mit Behinderung noch mehr ausgrenzt oder in ihrem Körpergefühl beeinträchtigt.

Kindern und Teenagern wird häufig gesagt, sich und andere zu tolerieren. Kinder mit Behinderung werden von vielen Erwachsenen nicht unbedingt als sexuelle Wesen betrachtet und deshalb fallen die üblichen Warnungen und Strategien gar nicht vermittelt werden. Als Mensch mit Behinderung ist man dadurch doppelt verletzlich, wenn man auch physisch nicht leicht aus einer verfänglichen Situation fliehen kann.

Die junge Frau mit Cerebralparese berichtet, dass sie glücklicherweise ihre Sexualität in erfüllender Weise ausleben kann. Der Weg dorthin war allerdings sehr schwierig und sie hatte geradezu Panik vor dem ersten Mal, weil sie sich unter anderem große Gedanken dazu machte, welche Stellungen sie praktizieren konnte und wie das alles bei ihr überhaupt klappen würde. Da es an Informationen dazu mangelte, musste sie sich alleine bzw. mit vertrauten Personen darüber Gedanken machen. Sie empfindet es als schlimm, dass sie soviel Angst vor etwas haben musste, was eigentlich etwas schönes und lustvolles sein sollte.

Einige Menschen denken immer noch, dass Behinderte nicht sexy sein können oder – noch schlimmer – dass Sex mit Behinderten falsch sei. Emily Yates sieht, dass sich die Dinge ändern, und sie sieht sich selbst als einen Teil davon. Sie arbeitet mittlerweile unter anderem als Autorin für Reiseführer und Online Reiseplattformen, oder auch für britische Online-Projekte zum Thema „Liebe und Sexualität“.

Sie plädiert für mehr Sexualerziehung an Schulen, vor allem auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Eltern behinderter Kinder können diesbezüglich ebenfalls eine wichtige Rolle spielen und ihre Kinder unterstützen. Menschen mit Behinderung, die in der Öffentlichkeit stehen, können Rollenmodelle sein und die Wahrnehmung in der Bevölkerung hinsichtlich „Sexualität und Behinderung“ verändern.

Obwohl ihre Arbeit in erster Linie mit ihrer Behinderung zu tun hat betont sie, dass sie darüber hinaus eine ganz normale junge Frau ist, mit den gleichen Hobbies, gefärbten Haaren, etc. – sie hofft, dass andere Menschen nicht nur ihren Rollstuhl sehen, sondern die Person darin. Emily Yates hat gelernt, dass sich Sexualität und Behinderung nicht ausschließen, und sie liebt den Weg, der damit verbunden ist.

(Für links zu den angesprochenen Reiseführern, Online-Portalen und Online-Projekten bitte einfach den Original-Artikel hier aufrufen. Alle links sind nur in englischer Sprache verfügbar.)