Podiumsdiskussion zu Sexualität und Behinderung in Leipzig – Teil 1

Vor gut einem Monat war ich eingeladen bei der Cinématèque Leipzig, bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Sexualität und Behinderung teilzunehmen. Zur Eröffnung der Veranstaltung wurde der Film „(K)ein besonderes Bedürfnis – a special need“ gezeigt.

Teilhabe am Leben ist ein Grundrecht aller Menschen und schließt auch das Recht auf selbstbestimmte Sexualität und damit die Realisierung der Bedürfnisse nach Nähe, Zärtlichkeit, Liebe, Sex und gelebter Partnerschaft ein – unabhängig von geistiger bzw. körperlicher Benachteiligung.
Der Dokumentarfilm „(K)ein besonderes Bedürfnis“ geht der Frage nach, ob Sex ein lebbarer Bestandteil der Inklusion ist. Der 29jährige Enea ist Autist*in, lebt in einem Heim und möchte endlich einmal Sex mit einer Frau haben. Seine besten Freund*innen Carlos und Alex begeben sich mit ihm auf eine abenteuerliche Reise durch halb Europa, um ihm seinen Traum zu erfüllen. Was als Expedition startet, an deren Ende der Abschied von Eneas „Jungfräulichkeit“ stehen sollte, entwickelt sich zu einer Reise in seine intimste Gefühlswelt und bringt die drei Freunde dazu, ihre (zunächst einseitigen und homophoben) Ansichten von Liebe, Freundschaft und Freiheit zu überdenken.
Der Film thematisiert vordergründig die sexuelle Assistenz als eine Möglichkeit, Nähe, Zärtlichkeit und Sex zu erleben, am Ende jedoch bleibt der Wunsch nach selbstbestimmter und gelebter Sexualität in einer Liebesbeziehung.

Im Anschluss gab es Podiumsdiskussion mit Stephanie Klee (diplomierte Sozialarbeiter*in, Verwaltungswirt*in und Sexarbeiter*in mit dem Schwerpunkt Sexualassistenz) und mir. Moderator war Peter Thürer, Sozialarbeiter*in und Sexualpädagog*in der AIDS-Hilfe Leipzig e.V.

Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Mythos Freiheit: Körper“, in der sich kritisch mit dem Freiheitsbegriff in verschiedenen Kontexten auseinandergesetzt wurde.

Die Diskussion veröffentlichen ist hier als redaktionell überarbeitete, textliche Form in mehreren Teilen. Kommen wir also zum Teil 1:

Peter:

Herzlich willkommen zu unserer Podiumsdiskussion zu unserem Thema Sexualität und Behinderung. Mein Name ist Peter Thürer. Ich bin angestellt hier in Leipzig bei der Aids Hilfe als Sozialarbeiter und von Beruf Sexualpädagoge. Und neben den vielen typischen Dingen die ein Sozialarbeiter halt bei der Aids Hilfe macht – wir klären auf über HIV und andere sexuelle übertragbare Infektionen – arbeite ich auch sexualpädagogisch in Schulen und das hauptsächlich mit männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen an ganz verschiedenen schulischen Einrichtungen. Und auch im Förderschulbereich und Lebesshilfe oder Diakonie in diversen Werkstätten, was meinen Bezug zu dem Thema darstellt.

Aber ich hab ganz interessante Expertinnen hier an meiner Seite die meine und eure Antworten sicherlich gut beantworten können.
Zum einen, zu meiner linken Seite Stefanie Klee. Stefanie kommt aus Berlin und ist Sozialarbeiterin und Sexarbeiterin mit dem Schwerpunkt Sexualassistenz. Sie ist gründete Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen und setzt sich für die natürlichen Rechte von Prostituierten ein. Außerdem macht sie unter anderem unter dem Dach der Deutschen Aidshilfe Fortbildungsveranstaltungen für Prostituierte.

Zu meiner rechten Seite: Christian Bayerlein. Er kommt aus Koblenz, ist freier Software und Webentwickler aber betreibt beispielsweise den Blog Kissability und auch viele Jahre war er eherenamtlicher Behindertenbeauftragter der Stadt Koblenz. Christian setzt sich mit seinem Engagement und mit seinem selbstbestimmten Ausleben seiner Sexualität besonders da für Rechte von Behinderten ein.

Beginnen möchte ich damit nochmal auf den Film einzugehn den wir grade gesehn haben. Und in Bezug zu dem: was denkt ihr beide denn von der ganzen Story? Was haltet ihr davon? Ist es realistisch? Was gabs da an Highlights und besonderen Kritikpunkten?

Christian:

Ich fand den Film sehr nett gemacht. Es war eine schöne Anekdote, eine Beschreibung eines Erlebnisses eines behinderten Menschen.natürlich konnte dabei nicht die komplette Vielfalt des Themas Sexualität und Behinderung beleuchtet werden.aber er war doch sehr beeindruckend – etwas, was ich besonders spannend fand, wardie Geschichte und um die Freundschaft der 3 Männer die im Film erzählt wurde.Freundschaft stellt eben auch Inklusion da. im Film wird gezeigt, dass die Reise für alle Beteiligten viel gebracht hat: nicht nur für den Behinderten Protagonisten, sondern auch für seine beiden Freunde. Aufgefallen sind mir natürlich auch die Szenen in Trebel, weil ich auch schon mal da war. ich kenne die Situation dort also auch, wobei ich bei einem Workshop für Körperbehinderte teilgenommen habe und empfehlen ging es um ein Wochenende für geistig behinderte Menschen. ich finde die Herangehensweise in Trebel teilweise sehr gut, teilweise habe ich aber auch meine Kritik.

Stefanie:

Mir hat der Film gut gefallen, weil er so offen Sexualität gezeigt hat. Ich glaube, das ist ein italienisches Spezifikum, wo die Kultur über Sexualität freier spricht und das haben auch die Freunde untereinander getan. es ist natürlich auch für mich ein Einzelbeispiel. Die beiden Freunde haben dem behinderten Enea verschiedene Möglichkeiten geboten, sexuelle Erfahrungen zu machen,als sie mit ihm zum Straßenstrich gefahren sind – noch in Italien – dann in ein Bordell nach Österreich und schließlich ins ISBB nach Trebel. das ist für mich schon sehr natürlicher Umgang, jemanden sein Wunsch zu erfüllen, egal wo dieser Wunsch denn hingeht. Ich war ganz beglückt, dass ich meine italienischen Freun Pia im Film gesehen habe, die die 3 Freunde beraten hat. Das fand ich ganz entzückend. Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass es mehr möglich wird – und ich glaube, das ist wirklich eine Ausnahme, dass es Freundschaften gibt, wo so offen auch über Sexualität gesprochen wird, egal wohin die Sexualität geht.

Peter:

Ich möchte eigentlich ein großes Fragezeichen denn da machen,was an dem „speziellen Bedürfnis“/“special need“ denn so speziell ist. Das Bedürfnis nach Sexualität haben die meisten, wie viele Bedürfnisse auch. es gibt das Bedürfnis nach Essen, schlafen, Trinken und natürlich auch nach Sexualität. ich habe den Film jetzt zum 3. Mal gesehen und mir fallen immer wieder neue Aspekte auf. Ein Aspekt ist Sexualbegleitung. Deswegen die Frage an Stephanie: aktive/passive Sexualbegleitung, Prostitution – gibt es da Unterschiede? Wie siehst du das?

Stefanie:

Eigentlich bin ich gegen den Begriff der Sexualassistenz. Es ist ein Begriff, den ich zwar übernommen habe, aber nur weil er in der Gesellschaft besser aufgenommen wird, positiver bewertet wird und ich darüber auch mein Geld als Prostituierte verdiene. Ich verstehe mich als Prostituierte beziehungsweise als Sexarbeiterin und so arbeite ich auchin Einrichtungen und im Bereich, wo Menschen zum Beispiel behindert oder alt sind. Es geht um pure Sexualität und diese ist ganz vielfältig. Da haben behinderte Menschen auch gar keine anderen Wünsche, andere Vorstellungen. Ich glaube, wir sprechen von Sexualassistenz, weil die Menschen drumherum, also Angehörige, Freunde aber auch Mitarbeiter in Einrichtungen dadurch einfacher mit dem Thema umgehen. auf der anderen Seite sagt Sexualassistenz, man hilft, man ist förderlich und unterstützend und so sehe ich mich auch in meiner Arbeit. wenn ich meinen Kunden etwas Gutes tue, wir uns gemeinsam amüsieren,benötigen sie in der Regelhilfe, weil sie selber nicht ohne weiteres dazu in der Lage wären. Üblicherweise brauchen diese Menschen sogar Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit mir – mich im Internet zu finden, sich über meine Arbeitsbedingungen zu informieren, mich anzurufen und letzten Endes mit mir darüber zu sprechen, was bei dem gemeinsamen Termin passieren soll. das verlangt vom Umfeld teilweise relativ viel Unterstützung. Hier arbeite ich für die Rechte behinderter Menschen. Während der Begegnung ist es meine Aufgabe, nicht nur Sexualität in ihrer Vielfalt zu bieten, sondern auch ein Stück weit feinfühlig und sensibel für die Bedürfnisse des Kunden zu seinund herauszufinden, was gewünscht wird. Im Bordell – ich sage es mal so platt – da heißt es „lecken, ficken, blasen“ oder es gibt unterschiedliche sexuelle Stellungen oder Rollenspiele – oder, oder, oder… aber das ist in meinem beruflichen Kontext nicht so klar. Bei der Frage, wie komme ich zum Ausdruck, muss ich vieles ausprobieren und einfach gucken, wie es denn ankommt.

Peter:

O.k., recht vielen Dank. Christian, welche Erwartungen hättest du denn an Sexualbegleitung? Du bist ja auf Assistenz angewiesen. Welche Wünsche hättest du denn an Sexualbegleitung beziehungsweise an sexuelle Assistenz?

Christian:

Für mich steht das Thema Sexualbegleitung im Moment nicht so eine große Rolle, weil ich an einer Beziehung bin, aber in der Zeit in der ich solo war, habe ich vieles ausprobiert – von Sexualbegleitung bis Prostitution. Ich habe also schon alle Erfahrungen sammeln können. Für mich persönlich hat sich immer mehr herausgestellt, dass ich eigentlich das ganz Normale will- eine Normalisierung von Sexualität wie sie jeder andere auch will. Und wenn das „nur“ das Ausleben des Triebes sein soll – „lecken, ficken, blasen“ wie Du eben so schön gesagt hast – dann soll es eben genau das sein. Leider ist es aber so, dass man in Bordellen auf mit Diskriminierung konfrontiert wird und mit Ablehnung rechnen muss – meistens aus Unkenntnis und Unsicherheit. auf der anderen Seite kann Sexualbegleitung manchmal auch zu sehr in die Richtung „Heititeiti-Sexualität“ gehen. Es gibt Sexualbegleiterinnen, die wollen ein streicheln und liebkosen, vögeln ist aber auch schon wieder Tabu. Das ist aber nichts für mich. Wenn jemand genau das braucht uns sucht, zum Beispiel wenn man ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit hat, dann kann es gut sein. Eine Zeit lang war es das für mich auch. Ich brauchte die Sicherheit, dass es auch wirklich funktioniert und dass ich eben nicht auf Ablehnung stoße. Letzten Endes war mir dieses Setting aber zu „sanft“ und ich habe gemerkt, dass ich nicht zur Zielgruppe für Sexualbegleitung gehöre. Bezogen auf Trebel sehe ich das ähnlich. Das kann für viele Leute oder für eine gewisse Zeit sehr gut sein und immerhin wird dort ja auch mit Empowerment gearbeitet. Auf der anderen Seite sehe ich, dass auch dort wieder eine Sonderwelt aufgebaut wird. Für meinen Geschmack gibt es aber schon genug Segregation. Behinderte Menschen leben oft im Heim, gehen in die Behindertenwerkstatt etc. – jetzt auch noch etwas spezielles für Behinderte in Sachen Sexualität? Bei aller Berechtigung, diese Kritik muss sein.

Peter:

Das finde ich auch so. Sonderwelten sind immer schlecht. Es ist aber auch manchmal schwierig, so selbstbewusst und selbstbestimmt seine Rechte einzufordern. Es gibt dabei auch immer wieder Hindernisse und Hemmnisse.

Stefanie:

Ich kann noch an dich anschließen, Christian. Stichwort Normalität. Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass es in jeder Stadt ein Bordell gibt, dass selbstverständlich alle möglichen Gäste empfängt. Auch das wäre ein Stück Normalität. Dafür müsst ihr auch noch viel kämpfen. leider ist das noch sehr wenig. Aber auch Sexualassistenz nicht sehr weit verbreitet. Es gibt vielleicht 15 Sexualassistentinnen in Deutschland. Ich kenne keinen einzigen Mann. Umgekehrt möchte ich aber auch eine Lanze brechen: es gibt sehr viele Sexarbeiterinnen und auch Bordelle, die demgegenüber aufgeschlossen sind, die auch gerne Sex mit diesem Kundenkreis machen.Oftmals fehlt es zwar noch ein Information, aber wahrscheinlich hast du es auch so gemacht, dass du am Telefon schon über deine Bedürfnisse gesprochen hast – welche Art von Achtsamkeit man dir gegenüber bringen muss und welche Art von Normalität Du möchtest. Ich würde sagen, unsere Branche ist lernfähig.

Christian:

Ja gut, ich habe es da von meiner Position vielleicht ein bisschen einfacher, weil ich sehr klar bin und weiß und auch formulieren kann, was ich mir wünsche. Was die Normalität angeht, so hängt das natürlich auch ein bisschen an den Darstellungen in den Medien. Heute Abend hatten wir bis jetzt hauptsächlich das Thema Sexualassistenz und auch in den Medien ist das sehr beliebt momentan. Es ist aber nur ein Ausschnitt aus der Thematik Sexualität und Behinderung. Für mich ist es auch nur eine Brückentechnologie, denn Ziel sollte es natürlich sein, dass behinderte Menschen ganz normal und selbstverständlich Sexualität haben wieder andere auch. Nicht behinderte Menschen haben ganz viele Möglichkeiten, ihre Sexualität zu leben und zu gestalten – sei es in einer Beziehung oder im Puff oder was auch immer – und behinderten Menschen sollten die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Dafür ist Inklusion und das Auftauchen in der normalen Gesellschaft notwendig.

Peter:

Wo klemmt es denn? Wo sind die meisten Hindernisse, die an selbstbestimmter Sexualität hindern?

Christian:

Zum einen wären wir dann wieder beim Thema Sonderwelten. Viele behinderte Menschen leben in Einrichtungen. Und Einrichtungen sind Liebestöter. wenn ich in einer Einrichtung lebe, womöglich in einem Zweibettzimmer oder Möglichkeit zur Intimität oder Rückzug, dann verhindert das ganz oft alleine durch die Rahmenbedingungen Sexualität. Aber auch außerhalb von Einrichtungen ist es so, dass das Bild von Behinderung durch althergebrachte Klischees geprägt, durch eine medizinische, mit Defiziten assoziierte Brille. Behinderung wird automatisch geknüpft an Leid und Umstand. Das schreckt natürlich auch ab, sich damit zu beschäftigen. Eine Beziehung einzugehen erfordert aber nun mal, dass die Menschen sich zunächst einmal nähern und sich Freundschaften entwickeln. Hier gibt es die Hemmschuhe schon weit vorher, dass man sich überhaupt begegnen kann. Außerdem haben behinderte Menschen manchmal ein schlechteres Selbstbewusstsein. Die Wahrnehmung oder Erwartung, sowieso keine „abzubekommen“, ist weit verbreitet. Das hat mich im Film übrigens auch wahnsinnig gestört – dieser Satz von Lothar Sandfort, dass der behinderte Protagonist ja nicht zu hohe Ansprüche und Erwartungen haben soll. So eine Frau hätte so viele Angebote, und warum sollte gerade er denn eine solche Frau bekommen? Das ist alles andere als Empowerment. Jemand, der sowieso wenig Erfahrung in Sexualität und wenig Selbstbewusstsein hat, wird damit doch noch mehr geschwächt.

Peter:

Ich erlebe das auch in Leipzig, das sich hier sehr viel entwickelt, aber auch noch sehr viel zu tun ist, damit behinderte Menschen ganz normal im Stadtbild auftauchen, ins Kino etc. gehen können oder Menschen alltäglich bei der Arbeit oder im Alltag kennen lernen können.Stefanie, was äußern denn Menschen mit Behinderungen, die zu dir kommen – wir haben sie den Weg zu dir geschafft?

Stefanie:

Das ist genau das, was ich mir auch wünsche: dass behinderte Menschen selbstständiger sind und auch in einem Umfeld leben, in dem sie als selbstständige Wesen wahrgenommen werden. was ich aber im Moment erleben, ist, dass insbesondere Angehörige eher moralisch zum Thema Sexualität stehen,und sich Eltern zum Beispiel schwer damit tun, ihre Kinder erwachsen werden zu lassen und ihre eigenen Erfahrungen erleben zu lassen. Die Gesellschaft macht das auch nicht leicht. Sexualität ist ein großes Tabuthema.wir lernen weder in der Schule, noch im Alltag, offen darüber zu sprechen. Wenn ich schon sagen „lecken, ficken, blasen“, sehe ich große Münder und sehen es als Gossensprache. Das zeigt mir, es fehlen uns die Worte,damit neutral umzugehen und uns fehlt auch eine gewisse Offenheit. Ich erlebe bei Mitarbeitern in Einrichtungen, aber auch bei älteren eine große Zurückhaltung aber auch eine große Unwissenheit, dass ihre Kinder Sexualität haben können. Zudem müssen wir uns vor Augen halten, dass die Zeiten, wo der Sexualtrieb mit Medikamenten unterdrückt wurde, auch noch nicht so lange her ist. Beziehungsweise mache ich ein Fragezeichen daran, ob das nicht auch heute noch das eine oder andere Mal geschieht, dass andere über den Sexualtrieb entscheiden und ihn unterdrücken. Da wird oftmals nicht gefragt „was spürst du denn?“, „was ist denn mit warm und kalt? Was empfindest du gegenüber der Person? Hast du Schmetterlinge im Bauch?“ Oftmals fehlen uns die Begriffe und wir sollten kreativer mit dem Thema umgehen, oder davor Angst zu haben, dass man in einer Ecke gestellt wird, man würde übergriffig. Wenn man sagt „ich finde dich sympathisch – ich könnte mir vorstellen, mit dir Sex zu haben“- dann muss das ja nicht schlimm sein.es muss auch kein Übergriff sein. Ich glaube, das hat etwas mit unserer Gesellschaft zu tunund meine Wahrnehmung ist, dass wir eher noch einen Rollback haben, dass es noch sexualfeindlicher wird.es werden zwar im Moment viele Filme gezeigt mit dem ThemaBehinderung und Sexualität, was einen aufklärerischen Charakter hat – aber die Bestrebungen in der Gesellschaft, Sexualität aus dem Befreienden, Emanzipatorischen, Spielerischen herauszunehmen, finde ich tragisch. Das ist nicht nur in meinem Bereich als Sexarbeiterinnen so – sie wissen sicherlich, dass es Bestrebungen gibt, Prostitution zu verbieten – aber auch in Schulen, wenn es um Aufklärung und um Schwangerschaftsabbruch geht, ist die Entwicklung sehr bedenklich. Ich glaube trotzdem, man muss daran halten und man muss sich austauschen. Solche Veranstaltungen wie hier sind sehr wichtig – diskutieren und austauschen und… Scheiß drauf, was die Gesellschaft sagt.