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Festivals der Lust – Access Pleasure auf der Xplore?

Ein eindrucksreiches Wochenende verbrachten Grit und ich dieser Tage auf der Xplore, jenem Festival, das Körper, Kunst und Begierde miteinander verknüpft wie kaum ein anderes. Gleich hinter dem Pförtnerhaus lag der Hof, der Himmel war mit Wolken durchzogen und die Sinne voll leiser Erwartung – ein Geräusch aus Stimmen, Kopfsteinpflaster und sphärischen Tönen

Xplore gibt es seit 2004. Damals, in der Schwelle 7 im Berliner Wedding, war es ein Geheimtipp, kaum mehr als eine verwinkelte Werkstatt für Experimente. Die Tickets waren binnen Minuten ausverkauft. Wir waren 2014 und 2015 dort, bewegten uns zwischen alten Backsteinmauern, lernten fremde Hände kennen, wovon manche mittlerweile Freunde sind. Später, 2019, reisten wir nach Rom, sprachen über Behinderung und Sexualität, über „Touch Me Not“. 2022 folgte der Umzug in die Malzfabrik, ein Industriebau, der nach Getreide roch und Platz bot für mehr Menschen, mehr Laken, mehr Stimmen.

Jetzt also erneut Tempelhof. Das Festival ist gewachsen, größer, vielleicht lauter geworden. Die Malzfabrik zieht mit ihren hohen Fenstern das Licht hinein, aber auch die Fragen: Was geht dabei verloren, wenn Vertrautheit Platz macht für Raum? Wir atmeten tief ein – und gaben uns der nächsten Runde dieser Reise hin.

Xplore

Xplore nennt sich eine Spielwiese für Sexualität, BDSM, Körperarbeit, Tanz und Ritual. Künstlerinnen, Therapeuten und Aktivistinnen führen durch Workshops, Performances und Vorträge; jede Übung ist eine Einladung, den eigenen Körper neu zu betrachten. Manche Angebote wirken fast medizinisch, andere erinnern an Theaterproben oder stille Meditationen. Gemeinsam wollen sie Neugier wecken, Scham lösen, den Blick für Möglichkeiten öffnen.

Das Publikum ist eine bunte Menge aus allen Körperformen, Gendern und Lebenswegen. Man spürt Vertrauen, Freundlichkeit, Klarheit – als hätte jemand die Luft von Vorurteilen gereinigt. Wer hereinkommt, darf seine Lust zeigen, darf Fragen stellen, darf staunen. Darin liegt der Reiz von Xplore: Es schafft einen Raum, in dem Sexualität weder versteckt noch vorgeführt wird, sondern einfach anwesend sein darf, so selbstverständlich wie Atmen.

Wandel

Früher dauerte Xplore drei Tage, jeder für sich. Ich erinnere mich gerne daran, wie ich nackt auf einem Pferd saß oder an einen Workshop über Sterben und Tod. Zwischen den Räumen lagen offen Türen, man konnte sich treiben lassen und begegnete stets etwas Unerwartetem. Vielfalt war das Prinzip.

Heute gibt es zwei Vorbereitungstage und am Sonntag eine lange gemeinsame Play‑Party. Die Codes der Zustimmung werden zuvor geübt, dann verschmelzen die Übungen zu einem einzigen, rhythmischen Strom. Viele erleben darin ein neues Wir‑Gefühl; ich sehe auch, was verloren ging. Die alte Fülle an Stimmen, Themen, Zufällen – sie schrumpft, wenn alles auf einen Höhepunkt zielt.

Freiheit

Sexpositive Räume sind Freiheit. Menschen aller Körper – jung, alt, trainiert, weich, vernarbt – mischen sich, ohne Rangordnung. Niemand urteilt über einvernehmliche Lust. Berührungen, Nacktheit, Intimität geschehen selbstverständlich und sorgfältig zugleich, als gehörten sie zum Grundrauschen des Tages.

Für mich ist das ein Aufatmen. Im Alltag muss ich meine Sexualität oft erklären, mit Statistiken belegen, verteidigen. Hier ist sie einfach da. Mein Rollstuhl bleibt ein Detail; Freundliche Hände fragen, ob sie helfen dürfen, bringen mir Wasser, öffnen Wege. Vertrauen und Neugier halten das Gelände offen, als läge ein stilles Versprechen in der Luft: Du darfst sein, wie du bist, und alles, was dich freut, hat hier Platz.

Begegnungen

Der Workshop „Bad Romance“ gab uns Karten in die Hand: „Stolpere über deine Worte“, „Lobe den Pullover zu lang“, „Verwechsle den Namen“. Wir übten das Unbeholfene wie eine Choreografie, versanken in Peinlichkeiten und lachten, bis uns die Schultern zuckten. Aus der Lächerlichkeit wuchs ein unerwartetes Band; man fühlte, wie Scheu im Gelächter schmolz und Nähe entstand, gerade weil niemand glänzen musste.

Ein anderer Workshop beschäftigte sich mit Transformation. Wir lagen in kleinen Gruppen auf Matten, schlossen die Augen. Eine Person atmete, die anderen legten Hände auf Rücken, Schultern, Stirn. Die Körper wurden zu Resonanzräumen, in denen Atem, Wärme und Herzschlag kreisten. Als wir aufstanden, war etwas ver­rückt – leiser vielleicht, aber wärmer; fremde Energie ruhte in den Gelenken, und mancher wischte sich Tränen ab, ohne Scheu, weil alles dafür vorgesehen war.

Grenzen

Die Malzfabrik ist schöner als die Schwelle 7, aber weniger barrierefrei. Zwei Treppen hielten mich von einem Nebenraum fern, in dem Körper tanzten und Lachen aufbrandete. Beim Workshop „Bad Romance“ lag ich schließlich auf einer Matte am Rand; freundliche Arme halfen, doch ich blieb Zuschauer. Zugänglichkeit heißt mehr, als anwesend zu sein. Sie heißt teilhaben, das eigene Gewicht in die Szene werfen können.

Schwieriger noch war das Schweigen. Die meisten Übungen verlangten Blickkontakt, Gesten, Atem – kaum Worte. Für mich sind Wörter ein Werkzeug, so unverzichtbar wie die Reifen meines Stuhls. Ohne sie stockte der Kontakt, als fehlte eine Hälfte des Kreises. Schweigen kann ausschließen, so wie Treppen ausschließen. Beide Hindernisse sind gleich hoch, nur anders gebaut.

Seit der Umstellung liegt der Schwerpunkt fast ausschließlich auf Körperlichkeit, Bewegung, Tanz. Früher gab es neben Bondage und Atemarbeit auch Runden über Beziehungen, Konsens, Poly‑Ethik; Worte hatten Gewicht, Gedanken wurden hin‑ und hergereicht wie Schalen mit Wasser. Jetzt pulst der Bass, die Halle schwingt, Arme und Hüften zeichnen Muster in die Luft. Viele lieben das; sie reisen genau dafür an, und auch Grit blüht in den Tänzen auf, ihr Lachen fliegt über den Parkettboden. Doch ich, der mit Sprache glänzt, stehe im Halbdunkel. Mein Körper folgt einem langsameren Takt, meine Worte verhallen, bevor sie beginnen. In einem Raum, der vom Rhythmus lebt, bleibe ich eine leise Randnotiz.

Inklusion

Inklusion beginnt nicht mit Rampen, sondern mit Zeit. Crip Time nennt man sie: genug Raum, damit jeder seinen Rhythmus findet, ohne Uhr im Nacken. Dazu braucht es mehrere Sprachen – Körper, Stimme, Schrift. Wenn nur Muskeln reden dürfen, schweigen viele. Vor jeder Session sollte ein kleines Gespräch stehen: Was brauchst du, damit dein Körper atmen kann, dein Geist nicht taumelt? So einfach, so selten.

Wir müssen Reize filtern, Neurodiversität mitdenken, Rückzugsorte schaffen, in denen das Licht weich ist und niemand drängt. Barrierefreiheit heißt Aufzüge, klare Schilder, Gebärdensprache, stabiles WLAN. Nichts davon Luxus, alles Basis. Erst darauf wachsen die Wünsche: ein Dark Mode für müde Augen, ein Joystick für die Tanzfläche. Dann kommt die Freude – Access Pleasure. Der Moment, in dem Zugänglichkeit nicht nur funktioniert, sondern lächelt.

Geht man weiter, beginnt Access Play. Man baut Rampen wie Spielzeug, erfindet neue Regeln, tauscht Rollen – wer hilft wem, wer wird gehalten? So wird Barrierefreiheit zum Experiment, körperliche Lust zum Labor. Bedürfnisse beenden Schmerz, Wünsche nähren Visionen, Freude belohnt den Weg, Spiel schreibt die Landkarte neu. Erst wenn all das zusammenklingt, leuchtet jeder Körper, auch meiner.

Sexuelle Lust ist die Blüte, Access Pleasure der Boden, aus dem sie wächst. Erst wenn Räume, Technik und Körper einander bedingungslos Zugang gewähren, öffnet sich das Spiel: Eine Rampe wird zur Einladung, ein Gebärden‑Dolmetscher zum Liebesbrief, ein Joystick zum vertrauten Requisit. Was als barrierefreies Detail begann, resoniert in jeder Berührung, jeder Bewegung; Access Play und erotisches Spiel klingen wie zwei Saiten, die im selben Akkord schwingen – und das Ergebnis ist ein einziger, ungetrennter Klang von Freude.

Weiter

Vielleicht sollten wir selbst ein Festival erfinden, eines, das Barrierefreiheit nicht als Rubrik führt, sondern als Duft, der überall haftet. Kein Schonraum für Behinderte, kein pädagogischer Zaun, sondern ein Markt der Fähigkeiten: Rampen neben Tanzflächen, Dolmetscher zwischen Bassboxen, Dialog und Schweiß in derselben Hitze. Diversität, Zustimmung, Kreativität – alle Körper, alle Sprachen, ein gemeinsames Spiel.

Ich suche Verbündete. Bis dahin fahre ich weiter zu sex-positiven Räumen und Festivals, die bereits existieren. Ich lerne dort, genieße, kritisiere. Ich warte auf den Tag, an dem Lust und Zugänglichkeit nicht mehr kollidieren, sondern wie zwei Ströme zusammenlaufen und aus dem gleichen Licht glänzen.

Liebe erzählt – Wie geht Beziehung? Podcast mit Grit und mir in der ARD Audiothek

Vor anderthalb Jahren stand ein Mikro zwischen Grit und mir, während wir mit Autorin Leila Knüppel über all die Fragen sprachen, die sonst oft hinter geflüsterten Vorhängen verschwinden: Sexualität und Behinderung, Körperbilder, Fetische, Assistenz – und natürlich Liebe. Heute ist das Ergebnis in der ARD Audiothek gelandet, Folge 4 des SWR-Podcasts „Liebe erzählt – wie geht Beziehung?“. Endlich kann jeder hören, wie warm, chaotisch und manchmal urkomisch dieses Gespräch wirklich war.

Eine Leinwand in Venedig – der erste Funke

Leila erzählt gleich zu Beginn, wie sie uns das allererste Mal gesehen hat: nicht im echten Leben, sondern nackt und auf einer riesigen Leinwand bei der Biennale in Venedig. „Ich konnte sehen, wie die beiden sich einfach so, wie sie waren, angenommen haben – nackt, verletzlich und dabei unglaublich stark“, sagt sie im Podcast. Dass gerade diese Szene einer Frau zeigte, dass Beziehung auch anders, zärtlicher, möglich ist, rührt mich noch immer.

„Ich dachte, ich finde nie eine Freundin“

Im Studio blättere ich zurück in meine Teenager-Jahre: Ein schmächtiger Körper, spinale Muskelatrophie und die feste Überzeugung, dass Liebe für mich irgendwo hinter einer unüberwindbaren Stufe wartet. „Als Teenager dachte ich, ich würde nie eine Freundin finden“, gestehe ich im Mikrofon. Dass genau dieses Statement heute von Grits Lachen übertönt wird, ist für mich der stärkste Beweis, dass Vorurteile oft nur Schutzbehauptungen sind – auch die eigenen.

Kennenlernen ohne Umwege

Unsere Liebesgeschichte beginnt auf einer Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Freundes. Grit wusste schon einiges über den „interessanten Typ im Rollstuhl“. Als sie mich endlich live sah, war ihr erster Gedanke nicht Mitleid, sondern: „Schön ist er.“ Wir verabreden uns, ­ein Date – und zack, ein Paar. Keine Spielchen, keine Umwege. Dass so etwas möglich ist, hören viele zum ersten Mal und fragen sofort: „Und wie geht das mit Intimität?“

Intimität jenseits von Klischees

Im Podcast gehen wir offen in die Details. Grit erzählt, wie erstaunlich normal Sex sein kann, wenn man aufhört, den Rollstuhl als dritte Person im Bett zu betrachten. Ich erkläre, wie Assistenz zwar Teil unseres Alltags ist. Gerade diese Passagen ließen beim Abhören noch einmal Luft an Themen, die wir sonst selten laut aussprechen.

Mitleid? Lieber Kreativität !

„Die Leute sagen oft: Ach, das ist bestimmt schwer…“ erzählt Grit. Ihr Ton verrät, wie sehr uns solche Reaktionen nerven. Denn natürlich ist es manchmal kompliziert. Aber „im besten Fall ist es ein kreativer Umgang damit“ – so formuliere ich es im Podcast, weil es genau das ist: permanentes Improvisieren, nicht Schwere schleppen.

Warum du reinhören solltest

Wenn du wissen willst, wie Beziehungen klingen, in denen Behinderung weder Tragödie noch Heldengeschichte ist, sondern einfach Teil des ganz normalen Durcheinanders zweier Menschen, dann nimm dir 25 Minuten und hör rein. Vielleicht weckt es Fragen, vielleicht schenkt es Mut oder einfach ein paar gute Zitate für die nächste WG-Küchenrunde.

Hier geht’s direkt zur Folge: https://www.ardaudiothek.de/episode/liebe-erzaehlt-wie-geht-beziehung/christian-und-grit-4-5/swr-kultur/14537451/

Die Sprache der Berührung – Über Nähe, Assistenz und Selbstbestimmung

Persönliche Assistenz ist für mich viel mehr als ein Job – sie ist ein Ritual, eine Notwendigkeit, ein unaufhaltsames Band zwischen mir und der Welt. Es geht nicht nur um pragmatische Hilfe, sondern um eine Symbiose, eine unausweichliche Verbindung von Vertrauen, Körperlichkeit und unausgesprochenem Verstehen.

Mein Leben ist ein Spiel aus Kreativität, Reisen und Abenteuern. Es ist von Berührung geprägt, von Intensität und einer beständigen Suche nach Tiefe. In meinen künstlerischen Projekten – „Touch Me Not“, „Cathedral of the Body“ und „Army of Love“ – werden diese Aspekte greifbar. Sie sind keine bloßen Werke, sondern Manifestationen einer Welt, in der Nähe, Vertrauen und Assistenz sich zu einem untrennbaren Gewebe verdichten. Sie stellen Fragen, sie provozieren, sie erfordern Mut.

Meine Assistent*innen sind keine stummen Schatten, keine bloßen Erleichterungen meines Alltags. Sie sind Mitgestaltende, manchmal Spiegel, manchmal Kontraste. Sie ermöglichen mir nicht nur Mobilität, sondern den vollen Ausdruck meiner Ideen. In den Stunden, in denen wir zusammen sind, entstehen Verbindungen – subtile und intensive, physische und emotionale. Assistenz ist für mich kein Dienstleistungsverhältnis, sondern eine Balance zwischen Hingabe und Eigenständigkeit, zwischen Kontrolle und Vertrauen.

Das Leben in Blockdiensten, in denen meine Assistent*innen oft über 24 Stunden an meiner Seite sind, schafft eine ungewöhnliche Vertrautheit. Hier gibt es keine künstliche Distanz, keine leeren Formalitäten. Jede Handlung, jede Geste trägt Bedeutung, ein unausgesprochenes Wissen um das, was notwendig ist. Manche empfinden dies als Tabu, doch ich sehe darin das Wesen wahrer Begegnung.

Ich weiß, dass meine Vorstellung von Assistenz nicht universell ist. Viele Menschen ziehen professionelle Distanz vor, schätzen eine klare Abgrenzung zwischen sich und denen, die sie unterstützen. Ich ehre diese Wahl. Doch meine Welt ist eine andere. Sie ist geprägt von Offenheit, von dem Wunsch, Grenzen zu erkunden und Konventionen infrage zu stellen – und von der tiefen, verlässlichen Verbindung zu einem Menschen, der diesen Weg mit mir geht. Es gibt keine Schablone, kein „richtig“ oder „falsch“.

Ich lebe offen und frei in meiner Identität und meinen Beziehungen. Vielfältige Formen von Nähe und Verbundenheit spielen für mich eine wichtige Rolle. Gleichzeitig bin ich in einer langjährigen, tief erfüllenden Beziehung, die von Vertrauen und Offenheit geprägt ist. Das ist kein Detail, kein beiläufiges Merkmal meines Daseins, sondern ein Fundament, das meine Sicht auf Assistenz prägt. Hingabe ist für mich keine Pflicht, sondern eine Entscheidung, die aus Vertrauen erwächst. Sie ist das Gleichgewicht zwischen dem Geben und Empfangen, dem Dienen und dem Fordern.

Assistenz ist für mich der Raum, in dem die Essenz menschlicher Verbindung erforscht wird. Sie ist keine Einbahnstraße, sondern eine wechselseitige Verbindung, die auf tiefstem Vertrauen basiert. Sei es emotionale oder körperliche Nähe – beides hat seinen Platz, solange es im Einklang mit den Bedürfnissen und Grenzen beider Seiten steht. Hingabe bedeutet nicht Selbstaufgabe, sondern ein bewusstes, poetisches Miteinander.

Meine Assistent*innen sind Teil dieses Weges. Sie wagen sich hinein in eine Arbeit, die von Tiefe und Reflexion geprägt ist, von schönen und herausfordernden Momenten gleichermaßen. Sie haben den Mut, sich auf eine persönliche und intensive Zusammenarbeit einzulassen. Vielleicht findest du dich darin wieder. Vielleicht nicht. Beides ist in Ordnung.

Denn am Ende bleibt dies: Ich bin, wie ich bin. Und ich suche nicht nach Anpassung, sondern nach Menschen, die bereit sind, mit mir diese ungewöhnliche Reise zu teilen.

Filmreview: „Good Bad Things“

Grit und ich haben heute Good Bad Things gesehen, der dieses Wochenende als Streaming-Event auf der Plattform Veeps zu sehen war. Der Film hat mich stark berührt. Regisseur Shane Stanger greift darin die Themen Liebe, Behinderung und Männlichkeit auf und erzählt die Geschichte von Danny, einem Unternehmer mit Muskeldystrophie, der sich den Herausforderungen von Freundschaft, Online-Dating und Selbstakzeptanz stellt. Der Film reduziert Danny nicht auf seine Behinderung und vermeidet das übliche „tragischer Held“-Klischee. Stattdessen zeigt er das vielschichtige Leben eines Mannes mit Höhen und Tiefen, Zweifeln, Erfolgen und Intimität.

Für mich war der Film auf vielen Ebenen nachvollziehbar. Genau wie Danny lebe ich mit einer neuromuskulären Erkrankung und erkenne mich in seinen emotionalen Kämpfen um Verletzlichkeit und die Angst vor Ablehnung wieder. Good Bad Things fängt diese Angst und die Komplexität, eine Behinderung in einer Beziehung zu offenbaren, sehr authentisch ein. Es beschönigt nichts, definiert Danny aber auch nicht nur über seine Behinderung. Seine vorsichtige, aber transformative Beziehung zu Madi, einer Fotografin, erinnerte mich an meine eigene Beziehung zu Grit. Auch wir setzen uns in unseren künstlerischen Projekten mit den Themen Verletzlichkeit und Schönheit auseinander und bewegen uns in ähnlicher Weise im Spannungsfeld zwischen Intimität und Behinderung.

Besonders beeindruckt hat mich, wie der Film das Thema Männlichkeit darstellt. Danny ist kein typischer „harter Kerl“, sondern die Geschichte zeigt seine emotionale Verletzlichkeit als Stärke. Diese neue Sicht auf Männlichkeit ist erfrischend, besonders in Verbindung mit einer Behinderung. Der Film bricht mit traditionellen Vorstellungen davon, was es heißt, ein Mann zu sein, und betont, dass Emotionen zu zeigen und sich auf andere zu verlassen keine Schwäche ist, sondern Teil des Menschseins.

Auch die Beziehung zwischen Danny und seinem besten Freund Jason wirkte auf mich sehr authentisch. Ihre Freundschaft, die auf gegenseitiger Unterstützung und Gleichberechtigung basiert, erinnerte mich daran, wie Grit und ich unsere Partnerschaft, sowohl privat als auch beruflich, gestalten. Der Film vermeidet es, Jason als den „Retter“ darzustellen, was oft ein Fallstrick in solchen Geschichten ist. Stattdessen unterstützen sich beide Figuren auf Augenhöhe, was ich sehr schätze.

Am kraftvollsten fand ich, wie Dannys Beziehung zu Madi zu einem Wendepunkt für ihn wird. Sie hilft ihm, seinen Körper in einem neuen Licht zu sehen – nicht als Hindernis, sondern als etwas, das Liebe und Verbindung verdient. Dieser Prozess, sich durch die Augen eines Menschen, der einen wirklich annimmt, neu zu sehen, ist mir sehr vertraut. Grit und ich haben in unserer Beziehung einen ähnlichen Raum geschaffen, in dem wir uns gegenseitig herausfordern und unterstützen, die Teile von uns zu akzeptieren, die wir vielleicht sonst schwer annehmen könnten.

Der Film spricht auch ein Thema an, das mir besonders wichtig ist: Repräsentation. Es ist selten, einen Protagonisten mit einer Behinderung in einer so vielschichtigen Rolle zu sehen, insbesondere im romantischen Kontext. Dannys Geschichte dreht sich nicht darum, seine Behinderung zu überwinden, sondern darum, voll und ganz mit ihr zu leben – etwas, das auch meine eigene Erfahrung widerspiegelt. Filme wie Good Bad Things und Touch Me Not, mit denen Grit und ich uns künstlerisch auseinandergesetzt haben, stellen die gängigen Narrative über Behinderung infrage. Sie zeigen, dass Menschen mit Behinderungen fähig sind zu lieben, zu begehren und Intimität zu erleben und nehmen dabei ihre eigene Körperlichkeit wieder in Besitz – in einer Welt, die uns oft marginalisiert.

Letztendlich ist Good Bad Things ein Spiegel meiner eigenen Reise: die Akzeptanz meines Körpers, die Neudefinition von Männlichkeit und Intimität nach meinen eigenen Maßstäben. Der Film erinnert daran, dass auch unsere Geschichten, in all ihrer Komplexität, authentisch erzählt werden müssen. Menschen mit Behinderungen verdienen es, glücklich zu sein, und ihre Geschichten verdienen es, gehört zu werden.

Lecture Series: Care, Disability and Art

Veranstaltung zum Thema Behinderung und Kunst mit Gespräch zu „Touch Me Not – Poetics and Politics of the Body“

Ich habe die großartige Gelegenheit, Grit Uhlemann und die Filmemacherin Adina Pintilie zu einer Diskussion über „Touch Me Not: Poetics and Politics of Intimacy“ in einem Vortrag zu begleiten, der von der Forschungsgruppe „Rethinking Art History through Disability“ am Institut für Kunstgeschichte organisiert wird. Universität Zürich und den Master Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK.

Grit und ich spielten eine wichtige Rolle in diesem unglaublichen Projekt, bei dem wir unsere eigene Sexualität offen diskutierten und erforschten und gesellschaftliche Normen und Stereotypen herausforderten. Wir hoffen, dass unsere Verletzlichkeit und Bereitschaft, diese Erfahrungen vor der Kamera zu teilen, dazu beigetragen hat, marginalisierte Körper zu stärken und falsche Vorstellungen von Behinderung und Sexualität zu hinterfragen.

Das Institutskolloquium / Pool FS23: Ringvorlesung: Pflege, Behinderung und Kunst beschäftigt sich mit der Repräsentation des menschlichen Körpers in der Kunst und der Problematik, Behinderung als soziales und kulturelles Konstrukt zu definieren. Diese Veranstaltung ist Teil der Vortragsreihe und bietet die Möglichkeit, über den Körper als Mittel zur Verarbeitung erkannter und unerkannter Geschichte, Traumata und Sehnsüchte nachzudenken und dazu anzuregen, unsere Verbindung zu den Körpern anderer und zu unseren eigenen in den Mittelpunkt zu stellen Zentrum unseres persönlichen und politischen Lebens.

Die Veranstaltung findet am 11. Mai 2023 an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK, Pfingstweidstrasse 96, 8005 Zürich, Raum Kino Toni ZT 3.G02 statt und wird auch live gestreamt. Adina Pintilie, Grit Uhlemann und ich sind die Hauptredner. Adinas plattformübergreifende Recherche zur Politik und Poetik von Intimität und Körper, einschließlich ihres Spielfilms Touch Me Not, gewann den Goldenen Bären auf der Berlinale 2018 und wurde weit verbreitet bekannt für seine grenzüberschreitende Sprache und Ästhetik.

Als Aktivist für die Rechte behinderter Menschen interessiere ich mich für die Kraft der Kunst, Perspektiven zu verändern und Normen in Frage zu stellen. Das Hinterfragen von Normen im Zusammenhang mit Behinderungen und die Stärkung ausgegrenzter Körperschaften ist ein entscheidender Schritt zur Schaffung einer integrativeren Gesellschaft. Indem wir anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen einzigartige Stärken und Fähigkeiten haben, können wir sie befähigen, ein erfülltes Leben zu führen und einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Ein weiterer Bereich, in dem es wichtig ist, Normen in Frage zu stellen, ist die Auseinandersetzung mit Stereotypen und Missverständnissen in Bezug auf Sexualität und Behinderung. Leider glauben viele Menschen immer noch, dass Menschen mit Behinderungen asexuell sind oder ihnen der Wunsch nach Intimität und sexueller Erfüllung fehlt. Indem wir diese Normen in Frage stellen und uns für die Stärkung marginalisierter Körperschaften einsetzen, können wir eine integrativere und akzeptierendere Gesellschaft schaffen, die die vielfältigen Erfahrungen und Perspektiven aller Individuen wertschätzt.

In „Politics of the Body“ nutzen Grit und ich die Plattform weiterhin, um uns für die Rechte marginalisierter Gemeinschaften einzusetzen. Durch unsere Arbeit als Aktivisten und Künstler haben wir dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der körperlichen Autonomie und die Notwendigkeit einer stärkeren Inklusion und Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen zu lenken.

Nehmen Sie an dieser spannenden Veranstaltung teil, um die Darstellung des menschlichen Körpers über alle Epochen und Kulturen hinweg sowie das grundlegende Medium der Kunstproduktion und -rezeption zu erkunden. Ich glaube, dass die Veranstaltung uns eine Plattform bieten wird, um darüber nachzudenken, wie wichtig es ist, den Körper und seine historisch konstruierte Einheit, insbesondere im Hinblick auf funktionale Vielfalt, innerhalb der kunsthistorischen Forschung neu zu denken.

Amelotatismus: Das Begehren nach Menschen mit körperlicher Behinderung

„Anna* fühlt sich von Männern mit Behinderung angezogen. Stefanie*, die eine körperliche Behinderung hat, war mit Männern zusammen, die genau das begehrten. Eine Geschichte von zwei Frauen auf der Suche nach sexueller Erfüllung“ schreibt Konrad Wolf, studierter Theaterregisseur sowie freier Autor im Online-Magaqin ze.tt. Sowohl in seinen Regiearbeiten als auch in seinem Schreiben ist er angetrieben durch den Wunsch, Menschen mit Behinderung sichtbar und hörbar zu machen.

Er meint „Sowohl Amelotatist*innen als auch behinderte Menschen machen in ihrem Leben die Erfahrung, von der Norm abzuweichen – die einen in ihrem Begehren, die anderen durch ihre Körperlichkeit. Das ist etwas, das sie verbindet und füreinander gegenseitig anziehend machen kann.“. Den können wir uns nur anschließen. Insgesamt ein toller Artikel über andersartige Sexualität mit einem positiven Blickwinkel.

Den gesamten Text findet ihr hier:

YouTube: #100percentme – Ihr habt Sex?

Anouk und Lukas sind seit dreieinhalb Jahren in einer Beziehung und haben sich schon einiges anhören müssen, weil Anouk im Rollstuhl sitzt und Lukas nicht. Denn Lukas ist nicht Anouks Pfleger und hat auch kein besonders ausgeprägtes Helfersyndrom. Jetzt erklären die beiden, warum die meisten Vorurteile Quatsch sind und beantworten auch die Frage aller Fragen: Wie funktioniert das eigentlich beim Sex?

Meine persönliche Geschichte

Heute möchte einmal etwas von mir und meiner Vergangenheit erzählen. Also fange ich am besten ganz von vorne an. Ich bin 1975, also direkt in den wilden 70gern, geboren. Ich habe einen Bruder, der sechs Jahre älter ist als ich und meine Eltern leben im idyllischen Hunsrück.

Im Alter von sechs Monaten wurde bei mir Spinale Muskelatrophie diagnostiziert. Das war ein sehr einschneidendes Erlebnis für meine Eltern, da damals auch noch nicht sehr viel über diese Krankheit bekannt war und niemand wußte genau was gibt es denn da für Unterstützung oder frühe Hilfen.

Sie waren dann zu der Zeit mehr oder weniger auf sich allein gestellt, aber die Omas und auch der Freundeskreis haben meine Eltern unterstützt, das hat dann ganz gut funktioniert.

Das erste Erlebnis an das ich mich wirklich sehr bewusst erinnere ist, als ich mit gerade einmal sechs Jahren in ein Internat kam. Das war 1981 da gab es noch keine Betreuung oder gar Inklusion, nicht mal eine Schulassistenz, die mich hätte begleiten können. Damals war dann die einzige Option mich auf das Internat zu schicken, da die Sonderschule, zu der gehen konnte, zu weit entfernt war.

Die normale Schule wäre auch wirklich schwierig für mich gewesen, da ich speziell im Hochsprung (auch heute noch!) sehr schlecht war. 🙂

Jeder kann sich vorstellen das es für mich sehr heftig war, als Kind weg von meinen Eltern, der vertrauten Umgebung und alles was ich zu diesem Zeitpunkt gekannt hatte, gehen zu müssen. Ich hatte schreckliches Heimweh und fühlte mich anfangs auch wirklich sehr einsam.

Ich habe mir dann auch relativ schnell einen guten Freundeskreis aufgebaut, wir waren zum Teil richtige Kameraden. Einer der mit dem ich mehrere Jahre das Zimmer geteilt habe ist auch heute noch ein wirklich guter Freund, wir sind wie Brüder und so war das Gefühl der Einsamkeit auch wirklich schnell verflogen. Das Internat endete für mich mit dem Abschluss der Hauptschule, da war ich dann Anfang 20.

In meiner Jugendzeit war Sexualität ein relativ schwieriges Thema gerade auch was meine eigene Wahrnehmung und mein Selbstbewusstsein angeht.

Ich hatte zu der Zeit viele platonische Freundinnen, wenn ich da auch mal mehr versucht hatte und die nicht wollten war ich nicht total depremiert, im Gegenteil ich habe dann eben bei einer anderen mein Glück versucht! Leider hatte ich immer Probleme eine körperliche Beziehung aufzubauen, meine erste richtige Beziehung hatte ich eigentlich ziemlich spät, da war ich ungefähr Mitte 20. Wenn ich jetzt an diese Zeit zurück denke habe ich es vor meiner ersten Beziehung als relativ schwierig empfunden eine Partnerin zu finden. Gerade was das Sexuelle angeht, denn platonische Freundinnen waren nie eine Schwierigkeit für mich. Ich denke es war für die Frauen, in die ich verliebt war, schwieriger war, da ich ja in einer Einrichtung gelebt habe und man da nie wirklich Zeit für sich alleine hatte. Alles wurde im Voraus geplant und wer möchte schon eine Beziehung nach Zeitplan? Eine Partnerschaft braucht Freiraum und da will man sich nicht irgendwo rein drängen lassen, das war schon auch ein großer Störfaktor. Mein Freundeskreis bezog sich auch sehr auf Menschen aus der Einrichtung, da war kein wirklich echter Kontakt zur Außenwelt. Solange ich nur bei meinen Eltern oder eben später in der Einrichtung gelebt hab, hatte ich auch keine Beziehung. Erst mit der persönlichen Assistenz hat sich das alles zum positiven gewendet, auch was Freizeitgestaltung angeht und auch mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

So lernte ich dann meine erste Freundin kennen. Zuerst haben  wir uns nur E-mails geschrieben, das wurde immer intensiverund irgendwann waren wir dann in einer Beziehung miteinander. Das klingt jetzt vielleicht ein bißchen plakativ, man schreibt, trifft sich dann und schwupps ist man in einer Beziehung, aber genau so war es! Diese Partnerschaft hatte ich dann etwa 6 Jahre lang. Als wir zusammen gekommen sind war ich 25, bei der Trennung 31.

Wir hatten eine traditionelle Beziehung, wir haben auch zusammen gewohnt, also wie bei anderen Paaren auch. Ich habe mich in dieser Zeit auch weiter entwickelt. Aber als wir uns dann getrennt hatten, habe ich an mir gezweifelt, mein Selbstbewusstsein war ziemlich niedrig zu dem Zeitpunkt.

Das Gefühl von Einsamkeit und dem Grübeln ob ich wohl jemals wieder jemanden finden werde beschäftigten mich. Ich wollte aber nicht nur da sitzen und jammern sondern wieder aktiv teilhaben, schließlich war ich Single! So beschloss ich, aktiv zu werden und Kontakte zu knüpfen, hauptsächlich im Internet über entsprechende Seiten. Ich hatte dann wirklich mit vielen Leuten Kontakt und fand die Zeit auch sehr spannend, so viele verschiedene Charaktere kennen zu lernen. Aber auch in Bezug auf mich, meine Bedürfnisse und Vorlieben, war diese Zeit sehr lehrreich. Ich war nie ein Chorknabe und hatte mehrere kurze Affairen, manche davon auch parallel. Das war eine sehr aufregende Zeit in meinem Leben und ich habe sehr viele Erfahrungen gesammelt.

Zwischendurch hatte ich eine 2 Jährige Beziehung die doch ziemlich chaotisch war. Meine Freundin hatte Borderline und eine Bindungsstörung.  Wir hatten eine offene Beziehung, was ja an und für sich kein Problem ist, aber in der Konstellation mit Borderline war es dann schon ziemlich heftig. Auch da habe ich sehr viel über mich selbst gelernt, auch wo meine Grenzen sind, wann es besser ist mich, auch emotional, selbst zu beschützen.

Seit ungefähr 5 Jahren bin ich mit meiner jetztigen Freundin zusammen, das ist eine wieder eher bodenständige Beziehung. Ich möchte nicht sagen das es eine normale Beziehung ist, denn normal bin ich nicht 🙂 aber doch wie bei jedem anderen auch, wir lachen wir streiten, wir haben Sex, in so fern auch traditionell. Man könnte sagen, der Kreis hat sich geschlossen, und dennoch wäre das nicht ganz richtig, denn ich bin jetzt eine andere Person als zu Beginn meiner Auseinandersetzung mit Partnerschaft und Liebe.

Aber was will ich mit diesem Beitrag überhaupt sagen? Vielleicht, was wichtig ist, um eine erfüllte Partnerschaft leben zu können.

Dahin wie mein Leben jetzt ist, bin ich vorwiegend durch die persönliche Assistenz gekommen. Nur so kann ich ein Leben führen zu können wie alle anderen auch. Das ist eine fundamentale Voraussetzung für Inklusion. Nur wenn diese Basis eines selbstbestimmten Lebens gelingt, kann auch eine erfüllte Partnerschaft gelebt werden. Und welche kulturellen Zwänge eine erfüllten Partnerschaft bei einem Leben in einer Institution entgegenstehen, habe ich ja schon ausführlich weiter oben erzählt.

Was braucht es noch? Immer noch viele Menschen ein falsches Bild, da eine Berührung oder eine Begnegnung mit einem behinderten Menschen oft Ängste außlöst. Gerade weil es vielen fremd ist mit einem solchen Mensch um zu gehen. Ich denke 90% hatten niemals Kontakt mit einem Behinderten und meiner Meinung nach sollte jeder frühmöglichst gerade diesen Kontakt haben um zu wissen, das sind ganz normale Menschen wie du und ich auch, da ist nichts wo man Angst haben müsste! Leider wird die Oberflächlichkeit und das Schönheitsideal von Plattformen wie Instagram noch gepusht. Ich will das gar nicht persé verdammen, es bietet ja auch Freiheit! Es muss aber eine Balance geben zwischen dieser Oberflächlichkeit und der Realität, wo es auch eine Vielfalt an Menschen gibt. Schnelle Befriedigung von Gelüsten ist hifreich aber auf Dauer kein Ersatz für eine echte Beziehung.

Im Gegenzug hat mir das Internet auch geholfen, gerade als ich Single war. So konnte ich einfacher und schneller in Kontakt mit Menschen treten, man hat sich da zwar oft in einer Nische bewegt, aber da findet man eben wirklich Leute die einen auch attraktiv finden, also kann das Internet durchaus ein Hilfsmittel sein.

Vielleicht hab ich in diesem etwas persönlicherem Post ein bisschen von meinen eigenen Erfahrungen weitergeben können. Am wichtigsten finde ich aber : Mut. Habt Mut, zu erforschen, eure Bedürfnisse und euer Verlangen kennen zu lernen, euren eigenen Weg zu gehen und eure eigene Schönheit zu entdecken.

Braucht die Gesellschaft Sextherapie?

Nach einiger Zeit der Pause erscheint endlich mal wieder ein neuer Blog-Post auf Kissability! Der Text entstand aus einem Interview, was im Rahmen eines Artikels in der Edition F zu “Touch Me Not“ geführt wurde. Leider sind unsere Beiträge nur zum Teil in den dortigen Artikel eingeflossen, aber ich nutze die Gelegenheit, das Original hier zu veröffentlichen 🙂

Braucht die Gesellschaft Sextherapie?

Chris: Ich finde den Begriff der Therapie in diesem Zusammenhang nicht passend, denn er weckt Assoziationen zu Defiziten die repariert werden müssten und ist negativ besetzt. Was aber wichtig ist, ist dass wir als Gesellschaft offener und toleranter gegenüber der Vielfalt der Sexualität werden, auch in ihren devianten Spielarten.

Grit: Natürliche Begegnung mit sich selbst und die Kommunikation mit meinem Partner egal auf welcher Ebene, sind für mich in der Partnerschaft immer ganz wichtig gewesen. Eine Gesellschaft, die sich das als Anspruch stellt, trägt zu mehr Mitmenschlichkeit bei.

Warum lohnt es sich seine eigene Sexualität zu erkunden?

Grit: Die eigene Spannbreite meines sexuellen Ausdrucks und meiner Erfahrung haben mir sehr viel über die Art und die Tiefe meines Wesens auch im Annehmen und der Tiefe der Verbindung zu meinem Partner gezeigt.

Chris: Die eigene körperliche Wahrnehmung gehört zum Kern jeder Persönlichkeit. Wir sind alle körperliche Wesen. Eine erfüllte Sexualität ist dementsprechend eins der Grundbedürfnisse des Menschen, so wie Essen und Sicherheit. Auf der anderen Seite ist das sexuelle Empfinden individuell sehr unterschiedlich. Also muss man erstmal seinen eigenen Körper und sein Begehren kennenlernen, um überhaupt Erfüllung erlangen zu können. Viele Menschen richten sich aber nach gesellschaftlichen Narrativen und Normen aus, statt ihre eigenen Gefühle kennenzulernen. Das führt oftmals zur Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse und damit verbunden zu Unglück und teilweise sogar Gewalt. Diese Spirale zu durchbrechen und die Möglichkeit zu erkunden, ein selbstbestimmtes und glückliches Leben auch im Bereich der Sexualität zu finden lohnt sich für jeden Menschen.

Wie definieren wir Attraktivität?

Grit: Attraktivität hat für mich immer was sehr persönliches gehabt, sie hat sich über die Zeit auch geändert. Es war für mich immer eine Suche nach einem Partner, mit dem ich intellektuell sehr verwoben bin und der ein gewisses Charisma besitzt, dass aber von guten Absichten geprägt ist. Ein Partner mit dem man sich gut austauschen kann, ist quasi schon die „dreiviertele Miete“ der Beziehung. Mit Christian empfinde ich mich in beidem verbunden, sowohl die gemeinsame Auseinandersetzung mit unserer täglichen eigenen Beziehung, als auch mit der Begegnung unserer Umgebung.

Chris: Intime Anziehung kann auf enorm vielen Facetten basieren und was man als attraktiv empfindet, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Ich stehe sicherlich auf andere Eigenschaften und Merkmale, als mein Nachbar, mein Postbote oder die Autorin dieses Textes. Unterm Strich kann man es niemals jedem Recht machen und allen gefallen. Was so ernüchternd klingt hat aber in Wahrheit etwas charmantes und positives: jeder Mensch hat nämlich auch Eigenschaften, die attraktiv sind und auf andere Menschen anziehend wirken. In dem man sich selbst kennenlernt und experimentiert, kann man diese „herausputzen“. Es mag vielleicht wie ein Cliché klingen, aber letzten Endes ist das genau der Grund, warum wahre Schönheit von innen kommt.

Es geht dabei nämlich nicht darum, seinen Körper zu verleugnen, sondern ganz im Gegenteil, ihn zu erkennen und anzunehmen.

Was haben wir über uns und andere durch den Film (Touch Me Not) gelernt?

Grit: Für mich war es ein großer Schritt, zwischen meiner ersten Begegnung mit Adina über Skype und dem Raum, wo ich mich jetzt befinde. Eine sehr großer Erfahrungsschatz an menschlicher Verbindung und Austausch, sexueller Vielfalt, eigener kommunikativer Ausdrucksmöglichkeiten und der sehr tiefen Annahme meines Wesens seitens des Publikums haben mir es ermöglicht jetzt in diesem Leben verankert zu sein. Und ich wünsche mir von Herzen, das so eine Menschlichkeit geschaffen wird, indem jeder sich selbst erfahren kann und wir die Offenheit besitzen, diese Vielfalt zu tragen.

Chris: In erster Linie war es eine super spannende und bereichernde Erfahrung, bei einem solchen experimentellen und künstlerischen Projekt beteiligt gewesen sein. Wir haben viele tolle Menschen kennengelernt und viele intensive Beziehungen geknüpft. Durch die Arbeit mit den Tagebüchern und die Reflexion mit Adina und den anderen Protagonisten konnte ich meine Haltung zu den Themen des Films tiefer herausarbeiten und festigen. Etwas sehr wichtiges habe ich aber auch durch das Publikum und die Medienöffentlichkeit gelernt, nachdem der Film bekannt wurde: Das Thema “Intimität und Körperlichkeit“ ist enorm wichtig und berührt viele Menschen in ihrem innersten Kern. Das ist für viele oftmals nicht einfach. Gerade deswegen lohnt es sich vielleicht genauer hinzuschauen.

Was ist unser Ratschlag an Leute, die ihre Sexualität befreien wollen?

Chris: Meiner Meinung nach gibt es zwei große Kräfte, die einen daran hindern, sexuelle Freiheit zu leben: zum einen ist da die Scham und die Angst, nicht gut genug zu sein und beurteilt zu werden. Zum anderen gibt es gesellschaftliche Normen und Zwänge, die es einem schwer machen, seine Bedürfnisse und Sehnsüchte offen zu zeigen. Beide Kräfte sind schwer zu überwinden, vor allen Dingen, weil sie so tief mit unserem  Unterbewusstsein eingegraben sind. Ich glaube, der erste Schritt sollte sein, die innere Scham anzuerkennen. Erst dann kann man versuchen, über sie hinauszuwachsen, wenn man das möchte.

Grit: Follow your guts! Folge dem, wonach du dich sehnst….am besten in allen Lebensbereichen. Fühle die Freiheit, die du dir erträumst. Spüre deinen Körper!

Einen fruchtbaren Austausch mit Menschen, denen man vertraut, fand ich immer wertvoll, da das die eigenen Schamgrenzen und Zwänge, die wir durch unsere Umgebung aufgebaut haben, aufbrechen kann.

Oft stellt man im Nachhinein fest, dass die Beklemmungen und Ängste gar nicht gerechtfertigt waren.

Braucht die Gesellschaft eine Sextherapie?

Im Rahmen eines Interviews zu unserem Film „Touch Me Not“ wurden Grit und mir neulich sehr interessante Fragen gestellt. Das Interview wurde nicht in voller Länge veröffentlicht, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, sie hier zu publizieren. Viel Spaß beim Lesen!

Braucht die Gesellschaft Sextherapie?

Chris: Ich finde den Begriff der Therapie in diesem Zusammenhang nicht passend, denn er weckt Assoziationen zu Defiziten die repariert werden müssten und ist negativ besetzt. Was aber wichtig ist, ist dass wir als Gesellschaft offener und toleranter gegenüber der Vielfalt der Sexualität werden, auch in ihren devianten Spielarten.

Grit: Natürliche Begegnung mit sich selbst und die Kommunikation mit meinem Partner egal auf welcher Ebene, sind für mich in der Partnerschaft immer ganz wichtig gewesen. Eine Gesellschaft, die sich das als Anspruch stellt, trägt zu mehr Mitmenschlichkeit bei.

Warum lohnt es sich seine eigene Sexualität zu erkunden?

Grit: Die eigene Spannbreite meines sexuellen Ausdrucks und meiner Erfahrung haben mir sehr viel über die Art und die Tiefe meines Wesens auch im Annehmen und der Tiefe der Verbindung zu meinem Partner gezeigt.

Chris: Die eigene körperliche Wahrnehmung gehört zum Kern jeder Persönlichkeit. Wir sind alle körperliche Wesen. Eine erfüllte Sexualität ist dementsprechend eins der Grundbedürfnisse des Menschen, so wie Essen und Sicherheit. Auf der anderen Seite ist das sexuelle Empfinden individuell sehr unterschiedlich. Also muss man erstmal seinen eigenen Körper und sein Begehren kennenlernen, um überhaupt Erfüllung erlangen zu können. Viele Menschen richten sich aber nach gesellschaftlichen Narrativen und Normen aus, statt ihre eigenen Gefühle kennenzulernen. Das führt oftmals zur Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse und damit verbunden zu Unglück und teilweise sogar Gewalt. Diese Spirale zu durchbrechen und die Möglichkeit zu erkunden, ein selbstbestimmtes und glückliches Leben auch im Bereich der Sexualität zu finden lohnt sich für jeden Menschen.

Wie definieren wir Attraktivität?

Grit: Attraktivität hat für mich immer was sehr persönliches gehabt, sie hat sich über die Zeit auch geändert. Es war für mich immer eine Suche nach einem Partner, mit dem ich intellektuell sehr verwoben bin und der ein gewisses Charisma besitzt, dass aber von guten Absichten geprägt ist. Ein Partner mit dem man sich gut austauschen kann, ist quasi schon die „dreiviertele Miete“ der Beziehung. Mit Christian empfinde ich mich in beidem verbunden, sowohl die gemeinsame Auseinandersetzung mit unserer täglichen eigenen Beziehung, als auch mit der Begegnung unserer Umgebung.

Chris: Intime Anziehung kann auf enorm vielen Facetten basieren und was man als attraktiv empfindet, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Ich stehe sicherlich auf andere Eigenschaften und Merkmale, als mein Nachbar, mein Postbote oder die Autorin dieses Textes. Unterm Strich kann man es niemals jedem Recht machen und allen gefallen. Was so ernüchternd klingt hat aber in Wahrheit etwas charmantes und positives: jeder Mensch hat nämlich auch Eigenschaften, die attraktiv sind und auf andere Menschen anziehend wirken. In dem man sich selbst kennenlernt und experimentiert, kann man diese „herausputzen“. Es mag vielleicht wie ein Cliché klingen, aber letzten Endes ist das genau der Grund, warum wahre Schönheit von innen kommt.
Es geht dabei nämlich nicht darum, seinen Körper zu verleugnen, sondern ganz im Gegenteil, ihn zu erkennen und anzunehmen.

Was haben wir über uns und andere durch den Film gelernt?

Grit: Für mich war es ein großer Schritt, zwischen meiner ersten Begegnung mit Adina über Skype und dem Raum, wo ich mich jetzt befinde. Eine sehr großer Erfahrungsschatz an menschlicher Verbindung und Austausch, sexueller Vielfalt, eigener kommunikativer Ausdrucksmöglichkeiten und der sehr tiefen Annahme meines Wesens seitens des Publikums haben mir es ermöglicht jetzt in diesem Leben verankert zu sein. Und ich wünsche mir von Herzen, das so eine Menschlichkeit geschaffen wird, indem jeder sich selbst erfahren kann und wir die Offenheit besitzen, diese Vielfalt zu tragen.

Chris: In erster Linie war es eine super spannende und bereichernde Erfahrung, bei einem solchen experimentellen und künstlerischen Projekt beteiligt gewesen sein. Wir haben viele tolle Menschen kennengelernt und viele intensive Beziehungen geknüpft. Durch die Arbeit mit den Tagebüchern und die Reflexion mit Adina und den anderen Protagonisten konnte ich meine Haltung zu den Themen des Films tiefer herausarbeiten und festigen. Etwas sehr wichtiges habe ich aber auch durch das Publikum und die Medienöffentlichkeit gelernt, nachdem der Film bekannt wurde: Das Thema “Intimität und Körperlichkeit“ ist enorm wichtig und berührt viele Menschen in ihrem innersten Kern. Das ist für viele oftmals nicht einfach. Gerade deswegen lohnt es sich vielleicht genauer hinzuschauen.

Was ist unser Ratschlag an Leute, die ihre Sexualität befreien wollen?

Chris: Meiner Meinung nach gibt es zwei große Kräfte, die einen daran hindern, sexuelle Freiheit zu leben: zum einen ist da die Scham und die Angst, nicht gut genug zu sein und beurteilt zu werden. Zum anderen gibt es gesellschaftliche Normen und Zwänge, die es einem schwer machen, seine Bedürfnisse und Sehnsüchte offen zu zeigen. Beide Kräfte sind schwer zu überwinden, vor allen Dingen, weil sie so tief mit unserem  Unterbewusstsein eingegraben sind. Ich glaube, der erste Schritt sollte sein, die innere Scham anzuerkennen. Erst dann kann man versuchen, über sie hinauszuwachsen, wenn man das möchte.

Grit: Follow your guts! Folge dem, wonach du dich sehnst….am besten in allen Lebensbereichen. Fühle die Freiheit, die du dir erträumst. Spüre deinen Körper!

Einen fruchtbaren Austausch mit Menschen, denen man vertraut, fand ich immer wertvoll, da das die eigenen Schamgrenzen und Zwänge, die wir durch unsere Umgebung aufgebaut haben, aufbrechen kann.

Oft stellt man im Nachhinein fest, dass die Beklemmungen und Ängste gar nicht gerechtfertigt waren.