Vor ein paar Wochen bin ich über diesen Artikel in der Huffington Post gestoßen. Der Autor ist schwul und hat eine Körperbehinderung. Er beschreibt mit Humor und eindrucksvoll die Vorzüge von Sex mit behinderten Menschen, so wie er sie sieht. Und auch wenn er aus der homosexuellen Perspektive geschrieben ist, so ist doch fast alles auch auf andere Arten von Sexualität mit behinderten Menschen übertragbar. Ich finde den Artikel auf jeden Fall empfehlenswert.
Zum Originalartikel geht es hier: Why Sex With Someone With a Disability Is the Best Sex You Could Be Having!
ich habe den Artikel für euch (frei) übersetzt. Wenn manche Formulierungen etwas holprig erscheinen, so mag das daran liegen, dass man manche Redewendung nicht so gut ins Deutsche übersetzen kann.
Warum Sex mit jemandem mit einer Behinderung der beste Sex ist, den du haben könntest!
Als ein offen schwul lebender Mann mit einer Behinderung, der nicht schüchtern in Bezug auf seine Sexualität ist, erlebe ich, dass eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme „Kannst du Sex haben?“ oder „Hast du Sex?“ oder „Wie hast du Sex?“ ist. Diese Fragen kommen aus den unterschiedlichsten Richtungen aber hauptsächlich sind sie dadurch begründet, dass der herrschende sexuelle Diskurs das Thema Behinderung größtenteils außen vor gelassen hat. Ich könnte mich in die Diskussion all der inneren Gefühle und Frustrationen, die es bei mir verursacht hat, vertiefen, und ich denke, diese Debatten sind durchaus berechtigt und es ist nötig, dass sie geführt werden. Allerdings würde ich mich gerne auf die positiven Seiten von Sex mit Menschen mit Behinderungen konzentrieren – und darauf, warum es möglicherweise der beste Sex ist, den du jemals gehabt hast oder haben könntest.
1. Die Behinderung bringt dich und deinen Partner dazu, miteinander zu reden
Es gibt eine Fehlannahme in unserer Gesellschaft, dass guter Sex spontan, heiß und überraschend still ist. Meiner Erfahrung nach gilt dies insbesondere in der Homosexuellen-Szene. Vom Partner wird erwartet, dass er einfach die Gedanken des anderen lesen kann und aus diesen die sexuelle Fantasie wahr werden lässt. Das alles klingt fantastisch, aber wir wissen eigentlich alle, dass das nicht das wahre Leben oder die Realität ist. Insbesondere gilt dies beim Begehen von Geschlechtsverkehr (o.k., ich liebe diese Bezeichnung einfach!) mit einem Menschen mit Behinderung. Einer der Gründe, warum Sex mit Menschen mit Behinderungen so viel besser sein kann, ist, dass man, um ihn zu haben, miteinander kommunizieren muss. Und damit meine ich nicht nur „Härter! Schneller! Oh, Baby!“ (Auch, wenn das jemandem hilft, ich überhaupt nichts dagegen einzuwenden habe). Ich meine damit, dass man sich ein „Storyboard“ für den Sex überlegen muss, wie ich zu sagen pflege. Du kannst dich mit deinem zukünftigen Partner zusammensetzen und dir genau überlegen was für euch beide funktioniert. Ihr könnt darüber sprechen, was euch antörnt, was vielleicht schmerzhaft ist und was lustig oder spannend sein könnte. Ihr könnt offen darüber reden, wovor ihr euch fürchtet und was ihr gerne ausprobieren möchtet. Auf diese Weise werde die beide nicht unglücklich überrascht. Vielleicht seid ihr sogar überrascht darüber, wie offen ihr seid. Irgendwie lässt das einen über den alten Spruch „Weniger Gerede, mehr Action“ neu nachdenken, oder?
2. ‚Blas… in mein Ohr…‘
Eine Sache, die ich dabei, wie Menschen mit Behinderungen Sex haben, liebe, ist der Fakt dass wir unsere erogenen Zonen angepasst haben, um auf unterschiedliche Stimuli zu reagieren. Zum Beispiel könnte es sein, dass jemand mit einer Lähmung es liebt, wenn seine Nippel gezwickt werden oder ihm ins Ohr geblasen wird. Möglicherweise ist das für ihn lustvoller als einen geblasen zu bekommen oder zu vögeln. Personen mit Behinderungen sind mitunter die anpassungsfähigsten Menschen und man kann erstaunt darüber sein, was wir im Schlafzimmer anzubieten haben. Stell dir vor, dass ein Partner eine Behinderung hat und für alles nur seinen Mund benutzen kann. Er hat ausführlich gelernt, ihn zu benutzen. Das ist doch heiß, oder? Menschen mit Behinderungen sind Experten darin, dass, was sie zur Verfügung haben, zu benutzen und das gilt sicherlich auch für unser Sexleben. Ich weiß, wie ich die richtigen Stellen treffe – wahrscheinlich solche, von denen Ihr nicht mal wusstet, dass ihr sie habt. Rawr!
3. Rollenbilder „oben“ und „unten“ werden aufgelöst
Es scheint, dass ich als schwuler Mann durch eine dieser drei Wörter definiert werden kann: „oben“, „unten“ oder „flexibel“. [Anm.: Es geht dabei darum, wer wen penetriert, hängt aber auch mit der Rolle „dominant“ versus „devot“ zusammen] Diese Rollen helfen anderen schwulen Männern, zu entscheiden, ob sie sexuell kompatibel sind. Für mich (und auch viele andere) sind diese Rollen komplett willkürlich und obskur. Wenn ich für jemanden nicht „oben“ sein kann, dann muss ich wohl „unter“ ihm sein. Aber wenn wir beide „oben“ sind, muss einer von uns „flexibel“ bleiben und auf beides stehen? Wie bitte? Angenommen, es ist körperlich für mich unmöglich, oben zu sein oder andersherum. Aber ich kann immer noch leiten. Ich kann deinen Körper mit meinen Händen führen und dir sagen, was mich gerade anmacht; und andersherum genauso – dafür ist keine Penetration notwendig. Eine der größten Vergnügen für mich ist es, einen Mann „Ich wurde noch nie zuvor dermaßen erregt, aber es war unglaublich“ sagen zu hören. Willst Du jetzt meine Telefonnummer?
4. Vorspiel
Bei meiner Schwere der Behinderung benötige ich Hilfe bei ein paar Dingen, insbesondere beim ausziehen, um aus meinem Rollstuhl herauszukommen und bei der Positionierung etc. Wenige Leute sehen dies als sexuell reizvoll, aber wenn man es auf die richtige Art und Weise macht, kann es sehr heiß sein. In solchen Momenten kann man den Körper des anderen spüren und eventuell sogar eine kleine Show daraus machen. Außerdem denke ich, dass Humor in solchen Situationen sehr hilfreich sein kann. Es lockert meinen Partner zum Beispiel auf, wenn ich ihn mit einem Kommentar zum Lachen bringe, dass er mich tatsächlich über die Schwelle trägt, wie man sprichwörtlich sagt. Manchmal sogar ein bisschen Schleuderngang! Also komm‘ schon rüber und sie mir die Hosen aus! Nein, wirklich! Ha!
5. Neubestimmung sexueller Normen
Das, was ich bei Sex mit behinderten Menschen am besten finde, ist, dass ich weiß, dass jedes Mal, wenn ich es mit jemandem tue, ich seine sexuellen Normen neu bestimme und ihre Einstellung, was er sexuell anziehend findet, verändere. Ich errege meine Partner auf Arten, von denen sie bisher nicht mal wussten, dass sie möglich sind: durch meine Worte, meine Gedanken und meinen Körper, der allem widerspricht, was sie zu wissen glaubten. Es zwingt Partner dazu (in welchem Kontext auch immer) authentisch zu sein und sich mental von den eingefahrenen Szenarios zu entfernen, von denen sie glaubten, dass sie sexy sind und stattdessen sexyness im jeweiligen Moment zu finden, egal, wie verletzlich, andersartig oder unbeholfen die Situation ist.