Die Sprache der Berührung – Über Nähe, Assistenz und Selbstbestimmung

Persönliche Assistenz ist für mich viel mehr als ein Job – sie ist ein Ritual, eine Notwendigkeit, ein unaufhaltsames Band zwischen mir und der Welt. Es geht nicht nur um pragmatische Hilfe, sondern um eine Symbiose, eine unausweichliche Verbindung von Vertrauen, Körperlichkeit und unausgesprochenem Verstehen.

Mein Leben ist ein Spiel aus Kreativität, Reisen und Abenteuern. Es ist von Berührung geprägt, von Intensität und einer beständigen Suche nach Tiefe. In meinen künstlerischen Projekten – „Touch Me Not“, „Cathedral of the Body“ und „Army of Love“ – werden diese Aspekte greifbar. Sie sind keine bloßen Werke, sondern Manifestationen einer Welt, in der Nähe, Vertrauen und Assistenz sich zu einem untrennbaren Gewebe verdichten. Sie stellen Fragen, sie provozieren, sie erfordern Mut.

Meine Assistent*innen sind keine stummen Schatten, keine bloßen Erleichterungen meines Alltags. Sie sind Mitgestaltende, manchmal Spiegel, manchmal Kontraste. Sie ermöglichen mir nicht nur Mobilität, sondern den vollen Ausdruck meiner Ideen. In den Stunden, in denen wir zusammen sind, entstehen Verbindungen – subtile und intensive, physische und emotionale. Assistenz ist für mich kein Dienstleistungsverhältnis, sondern eine Balance zwischen Hingabe und Eigenständigkeit, zwischen Kontrolle und Vertrauen.

Das Leben in Blockdiensten, in denen meine Assistent*innen oft über 24 Stunden an meiner Seite sind, schafft eine ungewöhnliche Vertrautheit. Hier gibt es keine künstliche Distanz, keine leeren Formalitäten. Jede Handlung, jede Geste trägt Bedeutung, ein unausgesprochenes Wissen um das, was notwendig ist. Manche empfinden dies als Tabu, doch ich sehe darin das Wesen wahrer Begegnung.

Ich weiß, dass meine Vorstellung von Assistenz nicht universell ist. Viele Menschen ziehen professionelle Distanz vor, schätzen eine klare Abgrenzung zwischen sich und denen, die sie unterstützen. Ich ehre diese Wahl. Doch meine Welt ist eine andere. Sie ist geprägt von Offenheit, von dem Wunsch, Grenzen zu erkunden und Konventionen infrage zu stellen – und von der tiefen, verlässlichen Verbindung zu einem Menschen, der diesen Weg mit mir geht. Es gibt keine Schablone, kein „richtig“ oder „falsch“.

Ich lebe offen und frei in meiner Identität und meinen Beziehungen. Vielfältige Formen von Nähe und Verbundenheit spielen für mich eine wichtige Rolle. Gleichzeitig bin ich in einer langjährigen, tief erfüllenden Beziehung, die von Vertrauen und Offenheit geprägt ist. Das ist kein Detail, kein beiläufiges Merkmal meines Daseins, sondern ein Fundament, das meine Sicht auf Assistenz prägt. Hingabe ist für mich keine Pflicht, sondern eine Entscheidung, die aus Vertrauen erwächst. Sie ist das Gleichgewicht zwischen dem Geben und Empfangen, dem Dienen und dem Fordern.

Assistenz ist für mich der Raum, in dem die Essenz menschlicher Verbindung erforscht wird. Sie ist keine Einbahnstraße, sondern eine wechselseitige Verbindung, die auf tiefstem Vertrauen basiert. Sei es emotionale oder körperliche Nähe – beides hat seinen Platz, solange es im Einklang mit den Bedürfnissen und Grenzen beider Seiten steht. Hingabe bedeutet nicht Selbstaufgabe, sondern ein bewusstes, poetisches Miteinander.

Meine Assistent*innen sind Teil dieses Weges. Sie wagen sich hinein in eine Arbeit, die von Tiefe und Reflexion geprägt ist, von schönen und herausfordernden Momenten gleichermaßen. Sie haben den Mut, sich auf eine persönliche und intensive Zusammenarbeit einzulassen. Vielleicht findest du dich darin wieder. Vielleicht nicht. Beides ist in Ordnung.

Denn am Ende bleibt dies: Ich bin, wie ich bin. Und ich suche nicht nach Anpassung, sondern nach Menschen, die bereit sind, mit mir diese ungewöhnliche Reise zu teilen.