Eigentlich ist der Anlass dieses bemerkenswerten Internet-Phänomens schon einige Jahre her und wäre möglicherweise gar nicht mehr der Rede wert. Da jedoch ein einzelner Tweet manchmal Berge versetzen kann, lohnt sich ein Blick darauf, was hier genau passiert ist und warum.
Im Jahr 2014 hat Ken Jennings, ein amerikanischer Quiz-Profi und Autor, folgenden Tweet gepostet:
Nothing sadder than a hot person in a wheelchair.
— Ken Jennings (@KenJennings) 22. September 2014
Damals war der Aufschrei offenbar gar nicht so groß. Vor einigen Wochen allerdings entstand daraus der Hashtag #HotPersonInAWheelchair, unter dem viele User Fotos von sich im Rollstuhl veröffentlichten, oft zusammen mit positiven Botschaften.
Auch wenn der ein oder andere vielleicht etwas zögert, sich vor aller Welt selbstbewusst als attraktiven Menschen darzustellen, gibt das Phänomen einen wichtigen Hinweis auf etwas, das auch für den heutigen Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung von großer Relevanz ist: Nicht nur im Äußeren muss für Inklusion und Gerechtigkeit gekämpft werden. Ebenso wichtig ist die Einstellung der Gesellschaft zu Menschen mit Behinderung. Darauf beruht jedes Umdenken, das den Grundstein zu positiven und sichtbaren Veränderungen legen kann.
Tweets wie der von Jennings geben einen kleinen Vorgeschmack darauf, welche Hürden auf diesem Weg noch zu überwinden sind. Die Berichterstattung in den Medien (beispielsweise von der taz und bento) zeigt mal wieder das alte Problem: Solange es noch etwas besonderes ist, behinderten Menschen sexuelle Attraktivität zuzugestehen, sind solche Aktionen vonnöten. Hier spitzt sich ein gesamtgesellschaftliches Problem zu: die Auffassung davon, welche Menschen als gutaussehend zu verstehen sind. Wenn Menschen mit Merkmalen, die derzeit in der Gesellschaft als nachteilig oder gar störend empfunden werden, mehr in das öffentliche Bewusstsein und Rampenlicht rücken, ist vielleicht ein weiterer Schritt Richtung Inklusion und der Wertschätzung von Vielfalt getan. Damit Attraktivität und Behinderung nicht mehr als sich ausschließende Eigenschaften verstanden werden.