Vor anderthalb Jahren stand ein Mikro zwischen Grit und mir, während wir mit Autorin Leila Knüppel über all die Fragen sprachen, die sonst oft hinter geflüsterten Vorhängen verschwinden: Sexualität und Behinderung, Körperbilder, Fetische, Assistenz – und natürlich Liebe. Heute ist das Ergebnis in der ARD Audiothek gelandet, Folge 4 des SWR-Podcasts „Liebe erzählt – wie geht Beziehung?“. Endlich kann jeder hören, wie warm, chaotisch und manchmal urkomisch dieses Gespräch wirklich war.
Eine Leinwand in Venedig – der erste Funke
Leila erzählt gleich zu Beginn, wie sie uns das allererste Mal gesehen hat: nicht im echten Leben, sondern nackt und auf einer riesigen Leinwand bei der Biennale in Venedig. „Ich konnte sehen, wie die beiden sich einfach so, wie sie waren, angenommen haben – nackt, verletzlich und dabei unglaublich stark“, sagt sie im Podcast. Dass gerade diese Szene einer Frau zeigte, dass Beziehung auch anders, zärtlicher, möglich ist, rührt mich noch immer.
„Ich dachte, ich finde nie eine Freundin“
Im Studio blättere ich zurück in meine Teenager-Jahre: Ein schmächtiger Körper, spinale Muskelatrophie und die feste Überzeugung, dass Liebe für mich irgendwo hinter einer unüberwindbaren Stufe wartet. „Als Teenager dachte ich, ich würde nie eine Freundin finden“, gestehe ich im Mikrofon. Dass genau dieses Statement heute von Grits Lachen übertönt wird, ist für mich der stärkste Beweis, dass Vorurteile oft nur Schutzbehauptungen sind – auch die eigenen.
Kennenlernen ohne Umwege
Unsere Liebesgeschichte beginnt auf einer Geburtstagsfeier eines gemeinsamen Freundes. Grit wusste schon einiges über den „interessanten Typ im Rollstuhl“. Als sie mich endlich live sah, war ihr erster Gedanke nicht Mitleid, sondern: „Schön ist er.“ Wir verabreden uns, ein Date – und zack, ein Paar. Keine Spielchen, keine Umwege. Dass so etwas möglich ist, hören viele zum ersten Mal und fragen sofort: „Und wie geht das mit Intimität?“
Intimität jenseits von Klischees
Im Podcast gehen wir offen in die Details. Grit erzählt, wie erstaunlich normal Sex sein kann, wenn man aufhört, den Rollstuhl als dritte Person im Bett zu betrachten. Ich erkläre, wie Assistenz zwar Teil unseres Alltags ist. Gerade diese Passagen ließen beim Abhören noch einmal Luft an Themen, die wir sonst selten laut aussprechen.
Mitleid? Lieber Kreativität !
„Die Leute sagen oft: Ach, das ist bestimmt schwer…“ erzählt Grit. Ihr Ton verrät, wie sehr uns solche Reaktionen nerven. Denn natürlich ist es manchmal kompliziert. Aber „im besten Fall ist es ein kreativer Umgang damit“ – so formuliere ich es im Podcast, weil es genau das ist: permanentes Improvisieren, nicht Schwere schleppen.
Warum du reinhören solltest
Wenn du wissen willst, wie Beziehungen klingen, in denen Behinderung weder Tragödie noch Heldengeschichte ist, sondern einfach Teil des ganz normalen Durcheinanders zweier Menschen, dann nimm dir 25 Minuten und hör rein. Vielleicht weckt es Fragen, vielleicht schenkt es Mut oder einfach ein paar gute Zitate für die nächste WG-Küchenrunde.
Hier geht’s direkt zur Folge: https://www.ardaudiothek.de/episode/liebe-erzaehlt-wie-geht-beziehung/christian-und-grit-4-5/swr-kultur/14537451/